Counter |
Online: 80
Heute: 800
Gesamt: 50000
|
|
» Interview mit Thomas Giesen |
Hallo Thommy. Erstmal vielen Dank, dass du uns von Euro-Wrestling.net die Chance gibst, einem der besten Ringsprecher Europas ein paar Fragen zu stellen.
Gern geschehen, ich freue mich und es ist mir eine Ehre von Euch für ein Interview ausgewählt worden zu sein.
Zuerst einmal wäre es interessant zu erfahren, wie du ein Wrestlingfan geworden bist und was dich am Wrestling fasziniert hat. Wie lang ist das her und was war der Hauptauslöser?
Mit Wrestling bin ich zum ersten Mal 1992 in Kontakt gekommen. Damals bekamen wir Satelliten-TV und ich sah durch Zufall Wrestling-Matches irgendeiner Liga auf Eurosport und war sofort total fasziniert. Als ich Freunden begeistert davon erzählte, verwiesen die mich auf „Ring frei“ auf Tele5 und ich sah zum ersten Mal Sendungen der WWF, der erste PPV den ich gesehen habe war SummerSlam 92 im Wembley Stadion. Das war ein einschneidendes Erlebnis, von jetzt an war es um mich geschehen und ich war 100% mit dem Wrestling-Virus infiziert. Ab jetzt drehte sich ein Großteil meines Lebens um Wrestling, ich verpasste keine Sendung mehr und hörte sogar nachts die codierten Live-PPVs auf Sky Sports unterm Kopfhörer, schließlich war damals an Internet noch nicht zu denken. Später blieb es nicht nur bei der WWF, es kam auch noch die WCW dazu. Ich ging zu den Touren der großen US-Ligen in Deutschland, zuerst nur als Zuschauer in die Hallen, dann auch als Autogramm- und Foto-Jäger in die Hotels der Stars. Höhepunkt dieser Zeit war die nWo/WCW-TakeOver '97 Tour, ich war damals Mitarbeiter in einem Fanclub (Wrestling Crazy), hatte eine eigene Wrestling-Homepage und hab die gesamte Tour inklusive aller Hotels mitgemacht. Ich war ein richtiger Wrestling-Groupie. Aus dieser „Fan-Zeit“ habe ich heute noch eine Foto- und Autogramm-Sammlung mit etwa 1500 Bildern. Zum Euro-Wrestling bin ich dann irgendwann '98/'99 gekommen. Markus Schmugge machte damals irgendeine Fan-Veranstaltung in Bochum und dort zeigten auch einige Typen live Wrestling, darunter „der Legendäre“ Thomas Blade. Ich erfuhr von Turnieren und Events in Hannover und von den ersten Shows der GWS. Der Rest ist Geschichte…
Was mich beim Wrestling fasziniert ist schwer zu beschreiben, vor allem ist es die große Show, die Sensation, das Hypen von Ereignissen, das Zelebrieren von Events, alles frei nach dem Motto „anything can happen“. Im Wrestling werden Situationen kreiert, die das wichtigste Ereignis der Weltgeschichte zu sein scheinen - das ist es! Natürlich bewundere ich auch die sportlichen Höchstleistungen im Ring, davor habe ich größten Respekt. Mein Lieblings-Stil ist übrigens der der WWF und WCW in den 80er und 90er Jahren. Stereotype Gimmicks, Gut gegen Böse, Tradition… - diese Zeit hätte für mich nie enden müssen.
Wir haben ja schon einige Male darüber geredet, aber kannst du uns vielleicht genauer erklären, wie du dich gefühlt und vorbereitet hast, wenn du mal wieder erfahren hast, dass die WWF/WCW nach Deutschland kommt oder ein 10 Tage Turnier in Hannover ansteht?
Oh Mann, ich glaube ich weiß, worauf Du anspielst. Nun, wenn eine Tour, ein großer Event oder ein Turnier angekündigt wird, dann setzt bei mir etwas ein, was ich immer als „Tourfieber“ bezeichne. Dann wird bei mir ein Schalter umgelegt und ich beginne mit den Planungen, schon Wochen vor der Veranstaltung. Tickets kaufen, Hotel der Wrestler herausfinden, Fotoausrüstung klar machen, Autogrammkarten raussuchen usw. Heute ist das nicht mehr ganz so wild, früher war das heftiger, da habe ich dann überall mit anderen Fans herumtelefoniert und wir haben zusammen Pläne gemacht. Heute wird das höchstens bei einem Turnier in Hannover interessant, beim letzten im Oktober war ich immerhin neun Tage am Stück dabei. Sowas muss schon vorbereitet werden. Zum „Tourfieber“ kommt noch hinzu, dass ich immer aufgeregter werde, je näher der ersehnte Termin heranrückt. Ich freue mich noch immer wie am ersten Tag auf die großen Shows und ich hoffe, dass das „Kribbeln“ noch lange Zeit anhält.
Nun bist du nicht nur Wrestlingfan, sondern - wie auch schon in der Einleitung erwähnt - Ringsprecher, also auch aktiv an Shows beteiligt. Erzähl doch mal ein bisschen, wie es überhaupt dazu kam. War Ringsprecher schon immer dein Traum oder wolltest du zu Anfang nur in irgendeiner Form dabei sein?
Viele Bekannte aus den alten Fan-Zeiten haben immer davon geträumt, einmal selbst im Ring zu stehen. So war das auch bei mir. Allerdings unterschieden sich meine Vorstellungen von denen der anderen doch sehr. Fast alle wollten Wrestler werden. Bei mir war das nie so, im Gegenteil. Ich könnte mir nie vorstellen, Wrestler zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass ich total unsportlich und ein absoluter Sport-Muffel bin. Aber im Wrestling-Zirkus selbst etwas zu machen war trotzdem schon schnell ein Wunsch von mir. Dass es nun speziell der Job des Ringsprechers wurde, hat sich nach und nach entwickelt und war keine Idee von jetzt auf gleich. Ich habe mich irgendwann selbst dabei erwischt, wie ich die Ansagen in den WWF- und WCW-Sendungen mitgesprochen und imitiert habe, teilweise bewusst, manchmal auch unterbewusst. Das hat mir Spaß gemacht, ich habe da einfach eine Ader zu. Zudem habe ich schon immer die großen Announcer wie Howard Finkel, Michael Buffer und Dave Penzer bewundert und um ihren Job beneidet. Diese Personen würde ich auch heute als meine Vorbilder bezeichnen. Trotzdem habe ich den Wunsch Ringsprecher zu werden lange nicht ausgesprochen. Im Jahr 1999 wollte es dann der Zufall, dass das Magazin Power-Wrestling einen Moderator und Ringsprecher für das PW-Fantreffen im Dezember in Weinheim suchte und da ich in dieser Zeit sowieso mit PW zusammenarbeitete, nutzte ich die Gelegenheit und schlug zu. Mein Debüt gab ich allerdings schon einige Wochen zuvor, sozusagen bei der Generalprobe, nämlich genau am 20. November 1999 bei der GWS von Thomas Blade in Betzdorf. Ich erinnere mich, dass bei dieser Show höchstens 20 Zuschauer in der Halle waren. Trotzdem hatte ich erst Lampenfieber, aber dann machte es unglaublich viel Spaß. Und da habe ich gemerkt, dass es genau das ist, was ich machen will. Aber schon meine zweite Veranstaltung sollte ein echtes Highlight werden. Beim PW-Fantreffen durfte ich vor mehreren hundert Fans den ganzen Nachmittag moderieren und am Abend Wrestler wie Afa von den Wild Samoans, Doink the Clown, Karsten Kretschmer und Eric Schwarz ansagen. Wahnsinn! Von diesem Tag an war ich dabei, war Teil des Wrestling-Biz und habe seitdem viele großartige Events fast aller Ligen in Deutschland als Ringsprecher moderiert und mittlerweile unzählige kleine und große Stars angesagt. Man kann schon sagen, dass da ein Traum für mich in Erfüllung gegangen ist.
Was ist das für ein Gefühl, wenn man im Ring steht, die Fans einen bejubeln und man die Wrestler ankündigt? Macht es bei den Wrestlern einen Unterschied, ob es vielleicht „nur“ ein nationaler Wrestler oder ein international anerkannter Star ist?
Das Gefühl ist unbeschreiblich, einfach der Hammer und für mich immer wieder der absolute Kick. Für mich gibt es mehrere Momente bei einer Wrestling-Show, bei der ich Gänsehaut habe und total unter Strom stehe. Zum einen direkt zu Beginn, wenn ich erst hinter dem Vorhang stehe und während meine Musik läuft nervös auf den Auftritt warte, dann rausgehe und die Fans jubeln. Dann die Ankündigungen, gerade z.B. des Main Events, wenn man merkt, dass man es schafft, mit seiner Stimme die Fans anzuheizen und zuletzt die Verabschiedung, wenn bei meiner „Abschlussformel“ die ganze Anspannung von einem abfällt und man wieder einen Event erfolgreich präsentiert hat. Ich weiß nicht, ob ich sich das jetzt hochtrabend anhört, aber in diesen Momenten fühlt man sich ganz kurz wie ein großer Star. Dieses Gefühl ist einer der Gründe, warum ich diesen Job mache und liebe und für die sich die Anstrengungen, die man manchmal für eine Show unternehmen muss, absolut lohnen.
Bei der eigentlichen Ankündigung eines Wrestlers im Ring macht es für mich keinen Unterschied, ob es ein „kleiner“ nationaler Wrestler oder ein international anerkannter Star ist. Jeder einzelne von ihnen gibt sein Bestes und reißt sich den Arsch auf um den Fans eine gute Show zu bieten und daher hat jeder einzelne auch eine Präsentation verdient, die ihn oder sie noch besser in Szene setzt. Das versuche ich zu tun, egal wer da zum Ring kommt. Natürlich gibt es bestimmte Wrestler, auf die man sich besonders freut oder bei denen man besonders aufgeregt ist, aber das merke ich eigentlich eher vor oder nach der Veranstaltung, nicht im Ring. Gerade wenn man internationale Stars ankündigen darf ist das natürlich ein ganz besonderes Erlebnis, von dem man lange redet und was man vielleicht nie vergisst. Aber auch bestimmte vielleicht noch nicht so bekannte Euro-Wrestler sind für mich immer wieder ein Highlight.
Welcher von dir bereits angekündigte Wrestler gefällt dir (privat oder außerhalb des Rings, Gastwrestler oder Euro-Star) am besten?
Das ist eine etwas gemeine Frage, weil man natürlich niemanden besonders herausstellen möchte. Ich habe in den letzten Jahren viele Stars angekündigt, darunter der Honky Tonk Man, Disco Inferno, Diamond Dallas Page und Mick Foley. Das war für mich deshalb etwas ganz besonderes, weil ich diese Wrestler früher immer nur als Zuschauer und Fan in den Sendungen und auf Tournee gesehen habe. Und nun durfte ich sie als Announcer in den Ring rufen. Das waren echte Highlights. Höhepunkte sind auch immer wieder Indy-Stars wie AJ Styles und Steve Corino, welche mit phantastischen Leistungen im Ring und auf der Bühne glänzen. Aber Du hast mich nach einem Wrestler gefragt, der mir persönlich am besten gefällt und gerade wenn ich auch den privaten Bereich außerhalb des Rings hinzunehme und einen Wrestler insgesamt beurteilen soll, kann ich Dir keine Antwort geben - weil es nämlich zwei sind, nämlich Marco Jaggi und Claudio Castagnoli alias Ares und Double C von der Swiss Money Holding. Diese beiden debütierten etwa zur gleichen Zeit wie ich und ich hab sie mittlerweile unzählige Male angekündigt. Sie zeigen immer wieder großartige Leistungen im Ring, wobei ich gerade ihr schauspielerisches, ihr darstellerisches Talent bewundere. Sie verkörpern für mich die Old-School-Heels, wobei sie eben nicht einfach nur „böse“ sind, nein, sie stellen eben genau diese stereotypen Charaktere dar, die ich im Wrestling so liebe. Aber das ist nicht alles. Diese beiden sind dazu als Kollegen backstage bei einer Show und auch privat dermaßen herzlich, nett und sympathisch, dass es fast schon unheimlich ist. Wenn Ares und Double C bei einer Show sind, dann kann die nur gelingen. Leider ist Double C ja nun in den USA und ich sage leider, weil er dadurch hier in Europa bei den Shows fehlt. Natürlich wünsche ich ihm alles Gute und dass er es bis ganz an die Spitze schafft und hoffe, dass Ares diese Chance auch noch bekommt. Marco und Claudio, ihr seid spitze und zwei ganz außergewöhnliche Menschen!
Nun bist du ja schon einige Jahre im Euro Wrestling dabei - am 20. November werden es genau fünf Jahre sein. Sicherlich hast du in dieser Zeit schon einiges erlebt - gerade das Euro Wrestling ist ja für viele lustige Geschichten bekannt. Gibt es eine, die besonders witzig war und die du nie vergessen wirst? Was ist deine Lieblings-Story?
Ui, das ist noch schwerer als die Frage nach dem Lieblingswrestler… Eine spezielle Geschichte gibt es eigentlich nicht, gerade in der Euro-Wrestling-Szene passieren so viele witzige Dinge, dass man nicht eine Story speziell nennen kann. Ich reiße mal kurz einige an, z.B., als ich bei einer GWA-Show vergessen hatte, mir die Pause zur Hälfte der Show zu notieren und stattdessen an dieser Stelle das nächste Match ankündigte, was zu einem ziemlichen Chaos hinter den Kulissen führte, oder als Double C nach einer Show in einem China-Restaurant mitsamt seinem Stuhl zusammenbrach, oder Schocks legendäre „Nicht die große Leiter…!“-Rufe bei einer GSW-Show im Sauerland. Auch wenn einige immer denken, dass die Euro-Szene im Wesentlichen von Streitereien hinter den Kulissen gezeichnet ist, in der Hauptsache hat man doch eine Menge Spaß!
Letztes Jahr, genauer gesagt am 18. Oktober 2003, kam es zu der bisher vielleicht größten Euro Wrestling Show einer deutschen Liga, nämlich zu GSW „International Impact 2003“. Die Veranstaltung setzte neue Maßstäbe, was Dinge wie Setup und Produktion angeht. Wie hast du den Event gesehen, was hat er für Eindrücke hinterlassen und für dich persönlich bedeutet?
Am Anfang hatte ich GSW International Impact total unterschätzt. Ich spürte natürlich schon, dass es sich um ein Projekt handelte, welches größer war als das meiste, was ich bis dahin im Euro-Wrestling erlebt hatte, aber erst am Set der Show selbst merkte ich, in welche Dimension German Stampede Wrestling damit vorgestoßen war. Wie Du sagst, sowohl mit dem Setup, Licht und Sound aber auch mit dem Wrestling selbst, mit der Unterhaltung, die geboten wurde hat diese Show absolut neue Maßstäbe gesetzt. Es war ein beeindruckendes und außergewöhnliches Erlebnis vor dieser Kulisse in den Ring zu steigen. Weißt Du, meine erste Show habe ich vor etwa 20 Leuten in einer Turnhalle in Betzdorf gemacht. In den ersten Jahren war so etwas lange Normalität, da waren 100 Zuschauer schon der große Wurf, mal von Catch-Turnieren abgesehen. Und dann steht man da im Ring in dieser Halle vor etwa 500 begeisterten Zuschauern. Es zeigt, dass der Trend in Europa nach oben geht, das sieht man auch an GSW International Impact 2, womit sich die GSW meiner Meinung nach nochmal gesteigert hat aber natürlich auch an der wXw, die es konstant fast jeden Monat schafft, Shows mit Zuschauerzahlen zwischen 100 und 200 Fans auf die Beine zu stellen. Das ist eine Leistung, die oft viel zu wenig gewürdigt wird und die im Vergleich zu den größeren, aber eben nur einmal im Jahr stattfindenden Veranstaltungen oft zu schlecht wegkommt. Ich bin sehr stolz darauf, dass mich die wXw und die GSW als ihren Ringsprecher an Bord geholt haben und ich so an diesem positiven Trend mitwirken kann.
Während der Veranstaltung kam es zu einem Zwischenfall, über den im Nachhinein viel gesprochen wurde. Einige Fans stimmten einen wXw Chant an, worauf du nach dem Match einen negativen Kommentar in Richtung Essen abgelassen hast. Warst du dir bewusst, was du damit auslösen würdest? Wie war diese Situation aus deiner Sicht?
In dieser Situation habe ich mich über die Fans, welche die Chants starteten sehr geärgert, das ist kein Geheimnis und dazu stehe ich. Wer schonmal als Zuschauer bei einer Show neben mir gesessen hat weiß, dass ich selbst für jeden Blödsinn zu haben bin und auch gern witzige Chants starte usw. Aber es gibt meiner Meinung nach Grenzen: Ich bin jemand der sagt, dass ein Fan nicht einfach das skandieren darf, was er will. Darüber kann man vortrefflich streiten und ich weiß, dass manche da ganz anderer Meinung sind. Ich finde z.B., dass es sich nicht gehört, bei einer Veranstaltung den Namen einer anderen Liga zu chanten, ganz egal welcher. Das vermittelt in meinen Augen eine Art Geringschätzung des Produkts welches man sich gerade anschaut und das gehört sich nicht, ist kein guter Stil. Wie auch immer, ich war sauer über die wXw-Chants und einige aus dem GSW-Team waren es auch. Ich bekam also Sekunden vor meinem nächsten Auftritt die kurze Anweisung, was gegen die Sprechchöre zu tun, ging in den Ring… - und machte den bisher größten Fehler in meiner Arbeit als Ringsprecher. Es war völlig logisch, dass ich mit meiner Bemerkung genau das Gegenteil von dem bewirkte, was ich eigentlich wollte, das hatte ich nur in dem Moment nicht realisiert. Es war total unprofessionell. Ebenso realisierte ich in diesem Moment absolut nicht, wie tief ich einige Leute mit meinen Worten verletzen würde, das wurde mir erst viel später nach der Show bewusst. Es war nie meine Absicht, jemanden zu kränken, ihm weh zu tun und die Leistung der wXw in ein schlechtes Licht zu rücken. Meine Worte sind im Ärger gesagt worden und taten mir hinterher sehr leid, das habe ich damals auch in einem Statement auf Moonsault.de versucht deutlich zu machen. Viele haben mich verstanden, mir verziehen und meine Entschuldigung angenommen, andere jedoch nicht…
Die Konsequenz aus diesem Vorfall war, dass du schon im November nicht mehr Ringsprecher der wXw warst. Konntest du die Entscheidung der wXw damals nachvollziehen?
Nein, zu dieser Zeit nicht. Ich hatte mich öffentlich entschuldigt, meinen Fehler eingestanden und deutlich gemacht, wie es zu diesem Vorfall gekommen war und damit war es mir auch hundertprozentig ernst. Ich habe im Ring der wXw immer mein Bestes gegeben und so versucht, die Liga zu unterstützen und eigentlich geglaubt, man würde mir diesen Fehler verzeihen. Das taten auch einige, jedoch nicht die Hauptverantwortlichen in der wXw. Zuerst habe ich mir gedacht, dass man mich sozusagen abstrafen und mir eine Lektion erteilen will und damit gerechnet, dass ich nach ein oder zwei Shows wieder dabei sein werde. Doch das geschah nicht. Ich saß bei jeder wXw-Show im Publikum und jeder der weiß, wie gern ich den Announcer-Job mache, wird sich ausmalen können, wie sehr ich gelitten habe, als ich nicht in den Ring durfte. Es war schon ziemlich hart. Aber dadurch habe ich erst begriffen, was bestimmten Menschen die wXw bedeutet und mit wie viel Herzblut sie dabei sind. Ich habe meine Lektion gelernt.
Dieser Zustand dauerte fast ein ganzes Jahr an. Im September 2004 bei wXw „Full Force #2“ kam es dann völlig überraschend zu deinem Comeback. Wie kam es dazu und was hat es für dich bedeutet, auch in Essen wieder im Ring zu stehen?
Ich hatte einfach die Schnauze von Eric Schwarz’ Rumgejammere nach einem Gegner und einem Match gestrichen voll und bin einfach so in den Ring gestürmt…
Okay, lassen wir das Gimmick beiseite.
Nein, dass ich endlich wieder im Ring der wXw stehen darf, habe ich zuerst einmal einem Freund zu verdanken, den ich in diesem Interview auch schon erwähnt habe. Er hat mich immer wieder darin bestärkt nicht aufzugeben und mit den wXw-Offiziellen zu reden und ihnen deutlich zu machen, dass mir der Vorfall von International Impact leid tut, ich meine Lektion gelernt habe und wie gern ich in den Ring zurück möchte. Zuerst stieß ich auf Granit und habe schon fast nicht mehr daran geglaubt, jemals wieder vor wXw-Fans aufzutreten zu können. Vor einiger Zeit habe ich dann bei einer Show in Holland Hate getroffen. Wir hatten uns auch schon in den Monaten davor hier und da mal unterhalten und uns auch wieder ganz gut verstanden, aber in der Ringsprecher-Sache war er hart geblieben. Jedenfalls haben wir noch mal über das Thema gesprochen und ich glaube, Hate hat gemerkt, wie wichtig es mir ist, als Sprecher im Ring zu stehen. Und plötzlich sagt er zu mir, dass ich bei der nächsten Show wieder dabei sein kann! Das war der Hammer, ich bin ausgeflippt und habe den Rest des Abends von kaum etwas anderem erzählt. Nach einem Jahr Abstinenz endlich wieder dabei. Weißt Du, ich bin in erster Linie Ringsprecher und das mit ganzer Seele. Ich mag diese Politik, diese Streitereien, die es teilweise hinter den Kulissen gibt überhaupt nicht. Klar bekommt man zwangsläufig damit zu tun, wenn man etwas mehr bei einer Organisation involviert ist, so wie ich es bei der GSW bin. Aber ich will nichts anderes als Ringsprecher sein und mit einer guten Performance dazu beitragen, den Fans unvergessliche Abende zu bereiten. Ich liebe es einfach, im Ring zu stehen und ich hoffe, das kommt auch bei den Fans rüber. Es war etwas ganz besonderes, am Nachmittag vor „Full Force #2“ bei den Vorbereitungen in der Musikpalette wieder dabei zu sein, im Publikum auszuharren und dann mit diesem kleinen Angle in den Ring zu gehen und endlich wieder das Trommeln der Fans auf dem Apron unter den Fußsohlen zu spüren. Gänsehaut von oben bis unten!
Bei dieser Show hast du die wXw Fans als „beste Fans“ tituliert. Es gab einige, die diesem Statement etwas zweifelhaft gegenüber standen und wohl dachten, das sei nur so dahingesagt. Was sagst du dazu. Haben die Fans Recht oder stehst du zu dieser Aussage?
Da liegen diejenigen, die meinen, dass das nur so dahingesagt war, absolut falsch. Schauen wir uns doch mal die Fans der wXw an. Ich kenne keine Liga, bei der die Fans so dahinter stehen wie bei der wXw. Wenn Westside Xtreme Wrestling ruft, dann kommen die Fans. Ohne Kompromisse. Wenn die wXw z.B. auf einem Board im Internet angegriffen oder kritisiert wird, dann verteidigen die Fans „ihre“ Liga. Wenn Hilfe gebraucht wird, dann packen die Fans mit an. Und von der Stimmung bei wXw-Shows muß ich wohl nicht erst reden, oder? Die ist in Europa unübertroffen. Wo findet man sonst in Europa solche Fans? Und das ist kein Geschleime, das sind Fakten. Daher stehe ich dazu, wenn ich sage, dass die wXw-Fans die besten sind, keine Frage! Leider schießen einige ja sogar ab und zu etwas über das Ziel hinaus, wie z.B. mit wXw-Chants bei Veranstaltungen anderer Ligen, das habe ich ja schon erwähnt.
Kommen wir mal von den ligenspezifischen Fragen weg und wenden uns dem aktuellen Geschehen in Europa zu. Wie siehst du die aktuelle Entwicklung des Wrestlings in Deutschland und auch in Europa? Gerade mit den Unterschieden zwischen etwas moderneren Ligen wie GSW, wXw und den eher traditionellen wie die EWP und andere. Worin siehst du die einschneidensten Unterschiede zur Szene von vor vier oder fünf Jahren?
Wie ich ja schon sagte, sehe ich die Entwicklung des Wrestlings in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden im Aufwärtstrend. Vor fünf Jahren haben sich zehn Leute in einer Turnhalle getroffen und auf Matten oder umfunktionierten Boxringen versucht das nachzumachen, was sie im Fernsehen bei den großen Ligen gesehen hatten. Das Ganze vor Zuschauerkulissen im unteren zweistelligen Bereich. Damals schossen überall neue Organisationen aus dem Boden und gingen auch sofort wieder den Bach runter, weil die Egos der Veranstalter und Wrestler um ein mehrfaches größer als ihr Können waren. Über die Jahre hinweg hat sich nach und nach die Spreu vom Weizen getrennt und nur wenige sind übrig geblieben. Diese wenigen halten sich jedoch jetzt schon sehr lange und veranstalten relativ konstant, ja sogar mit wachsenden Erfolgen. Heute gehören viele Dinge wie professionelles Training, detaillierte Planung der Show und ein gutes Setup absolut zum Standard, was früher eine Seltenheit war. Genau entgegengesetzt ist die Entwicklung meiner Meinung nach bei den traditionellen Turnier-Veranstaltungen in Hannover, Bremen oder Hamburg. Hier waren die Zuschauerzahlen in den letzten Jahren rückläufig, was dazu führte, dass auch bei den Investitionen für diese Veranstaltungen gespart werden musste. Auch haben sich die Ausrichtung und der Stil immer mehr modernisiert, was aber leider nicht zur Folge hatte, dass mehr neue Zuschauer gewonnen werden konnten, sondern eher mehr alte Fans abgesprungen sind. Das ist ein Teufelskreis, aber ich glaube, mittlerweile hat sich hier die Lage wieder stabilisiert. Ich persönlich bin ja ein großer Fan der traditionellen Catch-Turniere und hoffe, dass uns diese noch lange erhalten bleiben. Zwar hat sich der Stil beim Catchen wie gesagt immer mehr dem angenähert, was man auch sonst beim typischen Euro-Wrestling sieht, trotzdem gibt es noch wesentliche Unterschiede, z.B. viel stärkeres Kayfabe und Traditionen beim Catchen, die meiner Meinung nach auch unbedingt erhalten bleiben sollten.
Allgemein kann man sagen, dass die verschiedenen Organisationen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden eher in gutem Nebeneinander als in Konkurrenz agieren. Das ist etwas, was die Fans oft ganz anders sehen, sie vermuten überall Streit und Konkurrenzdenken. Das kann sich angesichts der aktuellen Lage des Wrestling-Markts aber keine Organisation leisten, ohne selbst dabei Schaden zu erleiden. Heute treten die gleichen Wrestler sowohl bei der EWP als auch bei der GSW oder wXw an, das wäre vor ein paar Jahren noch nicht denkbar gewesen.
Für die Zukunft hoffe ich zunächst einmal, dass die Situation des Wrestlings in Deutschland in etwa so bleibt, wie sie jetzt ist, bzw. sich weiter verbessert. Solange die Entwicklung nicht rückläufig ist, bin ich zufrieden.
Deine zweite große Leidenschaft sind Freizeitparks. War das schon immer so? Welche Parallelen oder welche Beziehung siehst du dort zum Wrestling? Du hast ja auch schon häufiger von Möglichkeiten gesprochen, beides zu verbinden.
Du sagst es, Freizeitparks sind neben dem Wrestling eine weitere große Leidenschaft von mir. Schon als ich klein war und Ausflüge mit der Familie anstanden, habe ich meine Eltern genervt, in Freizeitparks zu fahren. Das hat sich bis heute gehalten, bzw. noch weiter verstärkt. Ich stehe total auf die Traumwelten in Freizeitparks, für mich ist es viel wichtiger, dass ein Park Atmosphäre und Flair hat, als dass dort die höchsten und schnellsten Achterbahnen zu finden sind. Eingangs habe ich ja gesagt, dass ich beim Wrestling besonders die große Show mag, auch in Parks sehe ich mir immer wieder alle Shows an, egal ob Artistik-, Eislauf- oder Stuntshows. Viele Nicht-Freizeitpark-Fans erklären mich regelmäßig für völlig verrückt, weil ich die Jahreskarten vom Phantasialand und den Parks der ehemaligen Six-Flags-Gruppe, also z.B. der Movieworld habe. Wenn ich also am Wochenende nicht beim Wrestling bin, findet man mich im Freizeitpark. Mein Lieblingspark ist das Phantasialand, dort war ich allein in der Saison 2004 etwa 25 mal und habe bestimmte Shows mehrmals pro Tag, also etwa 40 bis 50 mal gesehen. Klingt verrückt, ist für Park-Fans aber völlig normal.
Zwischen Wrestling und Freizeitparks gibt es für mich mehrere Verbindungen. Zum einen versuche ich immer, größere Wrestling-Touren, z.B. in die Schweiz mit Besuchen in Parks, in dem Fall z.B. dem Europapark zu verbinden, zum anderen hat es sich in den letzten Jahren oft ergeben, dass wir mit mehreren Leute aus der Wrestling-Szene zusammen die Parks unsicher machen. Ich erinnere mich da an sehr spaßige Touren mit Tas, den Schweizern und sogar Chris Hero in den Europapark oder den Heidepark.
Zum anderen finde ich, dass Wrestling an sich auch sehr gut in einen Park passen würde, in der Vergangenheit gab es ja in den USA auch schon oft Tapings in Parks. Das ist eine Idee, die ich schon lang im Kopf habe und vielleicht nochmal irgendwann in Deutschland zu realisieren versuchen werde.
Als Abschlussfrage würden wir gern wissen, welchen Wrestler du gerne noch treffen bzw. im Ring ankündigen würdest. Auf wen wartest du noch?
Klare Antwort: Ric Flair und Bret Hart. Für mich persönlich zwei absolute Legenden, wenn nicht die größten Wrestler überhaupt. Diese beiden einmal ankündigen zu dürfen wäre für mich die Erfüllung eines Traums. Außerdem ist es mein großes Ziel, irgendwann mal ein großes Catch-Turnier über mehrere Tage hinweg zu moderieren. Wer weiß, gerade im Wrestling sind für mich schon so viele Träume in Erfüllung gegangen, vielleicht klappt’s ja auch damit.
Dann danken wir dir herzlichst für das Interview, mit dem die Fans hoffentlich einen Einblick in eine wichtige Wrestling-Persönlichkeit in Deutschland gewinnen konnten.
Hat mir großen Spaß gemacht, vielen Dank für die Chance hier mal einige Dinge erzählen zu dürfen. Ich freu mich, die Fans demnächst wieder bei einer Show zu sehen. Tschüss, bis dann! |
|
|
|
|
|